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Tiefgang statt Smalltalk

Immer ein offenes Ohr: die Ehrenamtlichen der ‘Nummer gegen Kummer‘

Sich einbringen und engagieren - unentgeltlich: Das kennzeichnet das Ehrenamt. Der 5. Dezember ist der Internationale Tag des Ehrenamts und damit Grund genug, diese besondere Form des Engagements entsprechend zu würdigen. Ehrenamtlich tätig zu sein ist i.d.R. nicht nur eine Bereicherung für die Menschen, denen diese Tätigkeit direkt zu Gute kommt – wie etwa den Anrufenden bei der ‘Nummer gegen Kummer‘[1] – sondern wird oft auch als bereichernd für die eigene Persönlichkeit gewertet. „Ziel ist die Bildung einer professionellen Haltung. Insbesondere die Selbstreflexion nehmen viele Ehrenamtliche als Bereicherung wahr, die sich auch auf das eigene Privatleben positiv auswirkt“ erklären die DKSB-Ausbilderinnen Ulrike Glies und Andrea Müller-Ahrens vom Kinderschutzbund Kreisverband Stormarn. Die Zeiteinteilung für die Arbeit an den Telefonen ist flexibel, schon zwei Stunden pro Woche reichen aus. Ergänzend zu den Beratungsstunden finden regelmäßige Treffen statt, bei denen sich die Berater*innen mit Fachkräften austauschen. Alle Ehrenamtlichen des Kinderschutzbundes können außerdem interne Fortbildungen zu verschiedenen Fachthemen besuchen.

Susanne Thieme hat beim Kreisverband Stormarn die Ausbildung für das Eltern- sowie auch für das Kinder- und Jugendtelefon absolviert; sie ist vor allem beim Elterntelefon tätig. „Darauf aufmerksam geworden bin ich über die Zeitung. Ich denke, dass es schwierige Zeiten für viele Familien sind und sehe in meinem Umfeld seit der Pandemie viele unglücklich wirkende Kinder. Ich wollte mich gesellschaftlich einbringen – und das tue ich jetzt“, beschreibt die 57-jährige ihre Motivation. Dass ihr Chef ihr ehrenamtliches Engagement ausdrücklich begrüßte und mitträgt, erleichterte ihr den Einstieg enorm. „Mich macht diese Tätigkeit überwiegend sehr zufrieden, ich empfinde sie als sehr sinnvoll – und blicke dadurch auch anders auf Situationen und Umstände. Es geht für mich um den Stellenwert der Kinder in unserer Gesellschaft“, zieht Susanne Thieme kritisch Bilanz.

Beratung unter Gleichaltrigen bieten die jungen Beratenden der Teams von ‘Jugendliche beraten Jugendliche‘ am Kinder- und Jugendtelefon an; sie sind zwischen 16 und 27 Jahren alt. Eine von ihnen ist die 24-jährige Annika Sturm, die zweimal im Monat jeweils eine Schicht (d.h. zwei Stunden) übernimmt. „Ich bin ein kommunikativer Typ und ziehe tiefergehende Gespräche Smalltalk vor. Ich hatte den Gedanken, dass es schön wäre, sich in der Freizeit entsprechend zu engagieren. Im Internet bin ich dann auf die Nummer gegen Kummer gestoßen – und habe die halbjährige Ausbildung begonnen. Seit Januar 2023 bin ich fest beim Kinder- und Jugendtelefon dabei. Ich kann mich mit den Themen identifizieren und verstehe, was die Jugendlichen bewegt, zum Beispiel beim Thema Handynutzung oder Digitalisierung: Damit bin ich aufgewachsen, diese Diskussionen sind mir total vertraut. Genauso wie die sozialen Medien; was es z.B. mit dem Selbstbild machen kann, wenn man nicht so viele Likes bekommt. Ich empfinde es als bereichernd für mein Leben, etwas über die Lebenswelt und Themen der anrufenden Jugendlichen zu erfahren.“

Martina Teschner vom Kinderschutzbund Ortsverband Kiel koordiniert die jungen Ehrenamtlichen; zurzeit sind es hier zehn junge Menschen mit eigener Supervisionsgruppe. Die Jugendlichen sind genauso gut ausgebildet und geschult wie alle anderen Beratenden; jedes Anliegen wird anonym und vertraulich behandelt. „Die Motivation für ein Ehrenamt ist oft, Gleichgesinnte im Team zu treffen - und es gibt ein gutes Gefühl, helfen zu können. Dazu kommt der Wunsch, die eigene Blase zu verlassen und den eigenen Horizont zu erweitern“, erklärt Martina Teschner.

[1]Das Kinder- und Jugendtelefon und Elterntelefon sind bundesweite anonyme und kostenlose Angebote von Nummer gegen Kummer e.V. und den Mitgliedsorganisationen. Das Kinder- und Jugendtelefon ist unter der Telefonnummer 116 111 montags bis sonnabends von 14 bis 20 Uhr für die jungen Menschen da; Jugendliche beraten Jugendliche samstags von 14-20 Uhr. Das Elterntelefon ist montags bis freitags durchgehend von 9 bis 17 Uhr, dienstags und donnerstags auch bis 19 Uhr, unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 111 0 550 zu erreichen. - www.nummergegenkummer.de

 


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