Sexualisierte Gewalt an Kindern mit aller Kraft bekämpfen
Die breite Gesellschaft muss für das Thema sensibilisiert werden
Dem Ende Oktober veröffentlichten ersten Lagebericht zu Sexualdelikten an Minderjährigen des Bundeskriminalamts (BKA) zufolge wurden 2022 mehr als 18.400 Kinder und Jugendliche Opfer sexualisierter Gewalt; knapp 17.200 davon Kinder unter 14 Jahren. In fast jedem siebten Fall seien die Opfer jünger als sechs Jahre gewesen. Das BKA gehe für das Kriminalitätsfeld der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von einem noch weit größeren Ausmaß aus. „Die Lage ist dramatisch, denn die erfassten Zahlen beleuchten nur das Hellfeld; die Dunkelziffer dürfte deutlich darüber liegen“, so Irene Johns, Landesvorsitzende des Kinderschutzbund SH.
Für dementsprechend dringend notwendig hält es der Kinderschutzbund, neben dem wichtigen Schritt der Stärkung strafrechtlicher Verfolgung auch präventive Angebote für Kinder und Jugendliche - sowie für potenzielle Täter*innen – landesweit zu stärken. Das neue Lagebild solle laut BKA dazu beitragen, Bekämpfungs- und Präventionsstrategien passgenau entwickeln zu können. „Dafür sollten die vorhandenen Ressourcen in den Fachberatungsstellen ausgebaut werden, um Kinder und Jugendliche, aber ebenso ihre Eltern, im Vorfeld für das Thema zu sensibilisieren“, erklärt Irene Johns.
Anlässlich des morgigen Europäischen Tags zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch macht der Kinderschutzbund Landesverband Schleswig-Holstein auch auf die digitale Dimension des Themas aufmerksam. „Die wirksame Bekämpfung sexualisierter Gewaltdarstellungen[1] an Kindern und Jugendlichen kann nur gelingen, wenn dieses Ziel als breite, gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden wird. Es handelt sich dabei um eine Form der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“, so die Landesvorsitzende. Bei Ermittlungen zu Verbreitung, Erwerb und Besitz entsprechender Inhalte stieg die Zahl der Fälle im Vergleich zu 2021 um 7,5 Prozent auf rund 42.100.
[1]Der Kinderschutzbund kritisiert den Begriff der „Kinderpornografie“. Es handelt sich dabei immer um Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Kindern, die nicht als „Pornografie“ sprachlich bagatellisiert und normalisiert werden dürfen.